Auszug aus der Feierstunde vom 14. Oktober 2018

Die Religionen betrachten den Menschen als etwas Besonderes, etwas Kostbares. Ähnlich, wie wir einen Diamanten als wertvoll, edel, hart, rein, schön, klar oder bezaubernd empfinden. Diamanten und Menschen – was haben sie gemeinsam? Und was kann uns Menschen zum Strahlen bringen? Dieser alte Sufi-Text gibt einen Fingerzeig:

Am Anfang bildete ich mir ein, dass ich es war, der an Gott dachte, der Ihn kannte und liebte. Als ich zum Ende kam, sah ich, dass Er an mich gedacht hatte, ehe ich an Ihn dachte, dass Er mich gekannt hatte, ehe ich Ihn kannte, dass Seine Liebe zu mir meiner Liebe zu Ihm vorausging, dass Er mich zuerst gesucht hat, so dass ich Ihn suchen konnte. (Abu Jazid Al-Bistami, Persien um 850)

Unsere verschiedenen religiösen Traditionen bringen dazu ganz unterschiedliche Sichtweisen zum Ausdruck:

Ein Kurs in Wundern

„Du bist ein SELBST, vereint und sicher im Licht und in der Freude und im Frieden. Du bist GOTTES SOHN, ein SELBST, mit einem SCHÖPFER und mit einem Ziel: das Gewahrsein dieses Einsseins in jeden Geist zu tragen, damit die wahre Schöpfung die Allheit und die Einheit GOTTES ausdehnen möge.

Du bist ein SELBST, vollständig und geheilt und ganz und hast die Macht, den Schleier der Dunkelheit von der Welt zu nehmen und das Licht in dir hervordringen zu lassen, um die Welt die Wahrheit über dich zu lehren.

Du bist ein SELBST, in vollkommener Harmonie mit allem, was es gibt, und allem, was es geben wird.

Du bist ein SELBST, der heilige SOHN GOTTES, vereint mit deinen Brüdern in diesem SELBST, vereint mit deinem VATER in SEINEM WILLEN. Fühle dieses eine SELBST in dir und lass ES deine Illusionen und deine Zweifel hinwegleuchten. Dies ist dein SELBST, der SOHN von GOTT SELBST, ohne Sünde wie SEIN SCHÖPFER, mit SEINER Stärke in dir und mit SEINER LIEBE, DIE für ewig dein ist.

Du bist ein SELBST, und dir ist es gegeben, dieses SELBST in dir zu spüren und jede deiner Illusionen aus diesem einen GEISTE zu vertreiben, der dieses SELBST ist, die heilige Wahrheit in dir.

Ü-I.95.12-13

Buddhismus

Das Diamant-Sutra:

„Alles, was entsteht, ist Illusion. Seht ihr alles, was entsteht, als nicht-entstehend. Dann ist diese Sicht eure wahre Natur. Haltet nicht an Gedanken fest, die im Geist entstehen. Wenn ihr die Form als Absolutes seht und wenn ihr das Absolute mit eurer Stimme sucht, dann praktiziert ihr den falschen Weg und ihr könnt euer wahres Selbst nicht sehen. Alle zusammengesetzten Dinge sind wie ein Traum, ein Phantom, eine Luftblase, eine Spiegelung. Sie sind wie der Tau oder der Blitz. So sollt ihr sie sehen.“

So wertvoll, glänzend und schön ein Ding ist, es ist nur Forum, ein Objekt. Der Buddhismus bezeichnet als „Leerheit“ etwas das abhängig entstanden ist, und nichts anderes Sichtbares gibt es …

Es gibt kein „Ich“ im Gegensatz zu den monotheistischen Religionen. Es gibt kein Subjekt und kein Objekt. Innen und außen werden eins. Um die Buddha-Natur zu erreichen, muss erkannt werden, was der Buddha sagt: „Alles wird vom Geist allein geschaffen!“ …

Es geht darum, nur wahrzunehmen. Nicht anhaften an den Dingen, wahrnehmen, was ist. Wie in der Meditation, nichts festhalten.

Baha´i

Ährenlese I 22 I

Betrachte den Menschen als ein Bergwerk, reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert. Nur die Erziehung kann bewirken, dass es seine Schätze enthüllt und die Menschheit daraus Nutzen zu ziehen vermag.

Wenn der eine, wahre Gott – gepriesen sei Seine Herrlichkeit – sich den Menschen offenbart, verfolgt Er das Ziel, die Edelsteine ans Licht zu bringen, die in den Gesteinsadern ihres wahren inneren Selbstes verborgen liegen. Dass den verschiedenen Gemeinschaften der Erde und den mannigfaltigen religiösen Glaubenssystemen niemals erlaubt sein sollte, feindselige Gefühle unter den Menschen zu nähren, gehört an diesem Tage zum Wesen des Glaubens Gottes und Seiner Religion.

Diese Grundsätze und Gesetze, diese fest begründeten, machtvollen Systeme entspringen einer einzigen Quelle und sind Strahlen desselben Lichtes. Dass sie voneinander abweichen, ist den unterschiedlichen Erfordernissen der Zeitalter zuzuschreiben, in denen sie verkündet wurden.

Verkehrt miteinander in inniger Liebe und Eintracht, in Freundschaft und Verbundenheit. Er, die Sonne der Wahrheit bezeugt mir: So machtvoll ist das Licht, dass es die ganz Erde erleuchten kann.

Der eine, wahre Gott, der alle Dinge kennt, bezeugt die Wahrheit dieser Worte.

 

Judentum

Psalm 36, 6 – 10

„Herr, bis in den Himmel reicht deine Güte, bis zu den Wolken deine Treue.
Deine Gerechtigkeit ist wie die Gottesberge, deine Gerichte sind wie die große Flut. Menschen und Tieren hilfst du, Herr.
Wie kostbar ist deine Güte. Götter und Menschen suchen Zuflucht im Schatten deiner Flügel.
Sie laben sich am Überfluss deines Hauses, und am Strom deiner Wonnen tränkst du sie.
Denn bei Dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht.“

Wenn die Freundlichkeit Gottes und seine Liebe zu uns Zeichen dafür sind, dass wir für ihn wertvolle Geschöpfe sind, dann sind Lobpreis und Dank für die erfahrende Güte ein Zeichen einer innigen, glänzenden Beziehung, wie sie in diesem Psalm zum Ausdruck kommt.

Islam

„Und wahrlich, Wir haben ja die Kinder Adams geehrt; Wir haben sie auf dem Land und auf dem Meer getragen und sie mit guten Dingen versorgt und Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt.“ (Koran 17:70)

So hat Gott die besondere Stellung des Menschen betont.

Und weiter: „Siehe, Wir boten die Verantwortung den Himmeln und der Erde und den Bergen an, doch weigerten sie sich, sie zu tragen, und schreckten davor zurück. …“ (Koran 33:72)

Der Mensch jedoch hat die ihm angebotene Handlungsfreiheit angenommen. Daraus entsteht Verantwortung – unser Streben, ihr gerecht zu werden, gleicht einem Veredelungsprozess und bringt zum Leuchten, womit Gott uns auszeichnete – ähnlich, wie erst das Schleifen eines Diamanten dessen Schönheit zum Vorschein bringt.

Christentum

Immanuel Kant wird folgendes Zitat zugeschrieben:

„Ich habe in meinem Leben viele kluge und gute Bücher gelesen. Aber ich habe in ihnen allen nichts gefunden, was mein Herz so still und froh gemacht hätte, wie die vier Worte aus dem 23. Psalm: Du bist bei mir.“

Im Zusammenhang gelesen heißt es in dem Psalm vom guten Hirten: „Wandere ich auch im finsteren Tal, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ (Zürcher Bibel)

Die Gewissheit des Beters des 23. Psalm, dass Gott mich nicht aus seiner Liebe fallen lässt, mich behütend umgibt, weil ich ihm kostbar bin, formuliert Paulus in seinem Brief an die Römer so:
„Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ (Luthertext)